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Ja, es gibt sie. Eines der ersten Zeugnisse ist eine Beschreibung1 der durch Kurzwellen-Rundfunkstrahlung ausgelösten Symptome von 1932: Schlafstörungen, Tagesmattigkeit, Kopfschmerzen, depressive und gereizte Stimmung. Damit waren bereits einige zentrale Symptome des "Mikrowellensyndroms" angesprochen, wie es seit über zwei Jahrzehnten zum gesicherten Erfahrungswissen der Umweltmedizin und der baubiologischen Beratung gehört.
Die WHO sah sich veranlasst, diese Problematik aufzugreifen2. Sie nennt diese Erscheinung Electromagnetic Hypersensitivity, ins Deutsche ungenau mit Elektro(hyper)sensibilität übersetzt. Der Ärzteschaft, empfiehlt sie jedoch, nicht auf eine Reduktion der elektromagnetischen Belastung am Arbeitsplatz und zu Hause einzugehen. Als mögliche Ursachen seien vielmehr andere Umweltfaktoren einzubeziehen, und es seien psychologisch-psychiatrische Aspekte abzuklären. Die Symptome seien klinisch zu behandeln. – Diese Fehlinformation der medizinischen Fachwelt hat viel Schaden angerichtet und unnötige Kosten im Gesundheitswesen verursacht. Aufgrund korrigierender Berichte aus der Umweltmedizin sowie eigener ärztlicher Praxiserfahrungen beginnt sich nun aber in der Ärzteschaft doch ein Bewusstseinswandel abzuzeichnen.
Wissenschaftlich ausgewertete Befragungen von 2005-2018 im In- und Ausland lassen einen Betroffenen-Anteil von rund 5-10% an der erwachsenen Bevölkerung annehmen. In der Schweizer Presse wurden in den vergangenen Jahren Porträts von etwa zwei Dutzend elektrosensiblen Menschen publiziert. Diese sind die öffentlich sichtbare Spitze des Eisbergs. Ebenso wie sie sind zahlreiche weitere Betroffene auf der ständigen Suche nach elektromagnetisch weniger belasteten Wohnstätten und Arbeitsplätzen. Wegen der allgegenwärtigen Strahlungsbelastung sind sie in ihrer Bewegungsfreiheit und sozialen Integration behindert. Oft ist ihre Lebensqualität in einem für Aussenstehende kaum vorstellbaren Mass eingeschränkt. Da sie wegen Unverständnisses ihrer Umwelt ihre Lage oft verbergen müssen, werden sie in der Gesellschaft jedoch kaum wahrgenommen.
1 Schliephake E., Arbeitsergebnisse auf dem Kurzwellengebiet, Deutsche Medizinische Wochenschrift, 05.08.1932
2 WHO Fact Sheet No. 296, Electromagnetic Hypersensitivity (EHS), December 2005