Rede von Peter Schlegel auf der 5G-Kundgebung am 21.09.2019 in Bern.
Liebe Mit-Demonstrierende!
Wir stehen hier vor dem Haus, von dem aus der Bundesrat die Strategie digitale Schweiz durchsetzen will. Ich frage: Müssen wir Schweizer die Volldigitalisierung der Schweiz jetzt alle wollen? Wo ist die öffentliche Grundsatzdebatte darüber, wie die Digitalisierung unser Leben schon verändert hat und noch viel stärker verändern wird? Und eben nicht nur das Berufsleben verändern wird, sondern alles: Unsere Grundfreiheiten, unsere Gesundheit, das Sozialleben, das Kulturleben!
Zur Strategie digitale Schweiz gehört 5G. Nur 5G kann anscheinend die nötige, riesige Datenübertragungskapazität bieten, damit alles funken kann, was funken muss, auf dass eine volldigitalisierte, smarte Schweiz funktioniere. Für eine solche wird aber das jetzt im Ausbau befindliche 4G+5G-Netz der 1. Phase, welches vor allem dem Video-Streaming dient, nicht genügen. Nein, es wird das 5G-Netz der 2. Phase brauchen, das Netz mit den Millimeterwellen, von denen wir nur ahnen können, was sie gesundheitlich bewirken werden; die Aussichten sind nicht gut.
Damit diese Volldigitalisierung durchgesetzt werden kann, darf öffentlich nicht zugegeben werden, dass Funk krank macht. Aber er macht krank! Das weiss ich aus eigener, 20-jähriger Mess-Erfahrung mit absoluter Sicherheit; das wissen ebenso meine Schweizer und ausländischen Fachkollegen. Und alle Menschen, die es wissen wollen, können wissen, dass Funkstrahlung krankmachendes Potenzial hat. Viele Studien industrie-unabhängiger Forscher sagen es. Dazu kommt eine riesige, jahrzehntelange, ausgewertete Erfahrung mit Zehntausenden Menschen, die unter der Strahlung leiden. Diese Erfahrung wurde zusammengefasst in Strahlungsrichtwerten, die weit, weit unter dem sogenannten Schweizer Vorsorge-Grenzwert liegen.
Im Wissen von alledem stellen wir eine Grundforderung. Wir wollen strahlungsarme Lebensräume und eine gesundheits- und umweltverträgliche Informations- und Kommunikationstechnik [IKT]. Zur Verwirklichung dieser Grundforderung gehören konkrete Forderungen:
■ Der Grenzwert für Antennenstrahlung darf nicht erhöht werden. Auch nicht durch den Bubentrick einer Mittelwertbildung bei der Strahlungsmessung. Denn massgebend für die Gesundheitsschädigung sind die gemessenen Spitzenwerte!
■ Die Internet-Versorgung im Hausinnern muss vom mobilen Internet draussen getrennt werden. Wenn aber die Antennenstrahlung keine Hausmauern mehr durchdringen muss, kann sie massiv verringert werden – und damit auch der Grenzwert.
■ Wer in seiner Wohnung keinen Funk will, muss einen gesetzlichen Anspruch auf Nicht-Versorgung mit Mobilfunk haben. Wer Funk will, muss selber dafür sorgen, darf aber seine Nachbarn nicht damit bestrahlen. Das ist nicht einfach zu lösen! Aber es müssen Wege gesucht werden. Sonst wird an einem Teil der Bevölkerung durch den andern strahlender Hausfriedensbruch verübt.
■ Wir fordern strahlungsarme Bereiche im öffentlichen Leben, zum Wohnen und in der Natur. Ein zunehmender Teil unserer Bevölkerung ist im Alltagsleben durch die Strahlung eingeschränkt, manche sogar extrem. Ich kenne viele, die im Keller schlafen und nicht mehr Zug fahren können.
■ Der Energiehunger des fixen und mobilen Internets, der wegen der Volldigitalisierung künftig explodieren wird, muss in der Energiestrategie und in den Klimazielen berücksichtigt werden.
■ Die allgemeine Information über Strahlungsrisiken und Schutz muss drastisch verbessert werden. Das betrifft Behörden und Politik, Schulen aller Stufen, das Gesundheitswesen, die Telekom-Installationsbranche und die ganze Bevölkerung. Und diese Information darf nicht wie bisher einseitig und selektiv sein, sondern muss das ganze vorhandene Wissen umfassen.
STOP5G ist die Forderung nach einer Denkpause. Von der Schweiz könnte auch noch etwas anderes in die Welt ausstrahlen, als bloss technischer Musterknabe zu sein, nämlich die Demonstration eines Gegengewichts