Zum Ausbau des 5G-Netzes hatte das Bundesamt für Umwelt (BAFU) am 23. Februar dieses Jahres eine Vollzugsempfehlung über adaptive Antennen veröffentlicht. Gemäss dieser dürfen die Mobilfunkbetreiberinnen in ihrer Deklaration der Anlagedaten eine fiktive Strahlungsleistung einsetzen. Diese liegt bis zu 10-mal tiefer als die maximale Leistung, welche die adaptive Antenne in Wirklichkeit abstrahlen wird. So aber kann der nominelle Grenzwert real um das maximal 3,2-fache überschritten werden. Siehe dazu den Artikel vom 13. Juli 2021.
Jetzt hat der Bundesrat seine Verordnung über den Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (NISV) in diesem Sinne geändert. Der sogenannte „Korrekturfaktor“ gibt an, um wieviel die reale Strahlungsleistung einer bestimmten adaptiven Antenne abgemindert werden darf. Diesen Korrekturfaktor setzt die Mobilfunkbetreiberin in das Datenblatt der Sendeanlage ein, das sie den Behörden einreicht. Je nach Typ der adaptiven Antenne ist diese abgesenkte, fiktive Strahlungsleistung in Watt zwischen 2,5-mal und 10-mal tiefer als die wirkliche Leistung des Funkstrahls, welcher während eines Downloads oder eines Video-Streamings auf das anrufende 5G-Handy fokussiert wird. Dementsprechend wird der im Gebäudeinnern geltende Anlagegrenzwert von 5 V/m in den Spitzenwerten um das 1.6-fache bis 3,2-fache überschritten.
In der geänderten NISV steht auch, dass die Anwendung des Korrekturfaktors nicht als Änderung einer bestehenden Anlage gilt. Das heisst, die Anlage untersteht nicht einem neuen öffentlichen Bewilligungsverfahren. Man kann also keine Einsprache erheben, wenn eine bestehende Anlage ohne wesentliche Erhöhung ihrer Sendeleistung auf adaptive 5G-Antennen umgebaut werden soll. Und der erwähnte „Korrekturfaktor“ sorgt dafür, dass im Datenblatt der Anlage die tatsächliche, wesentliche Leistungserhöhung nicht aufscheint — im Klartext: verschwiegen wird.
Bund und Mobilfunkbetreiber halten immer noch an der Ansicht fest, solche Spitzenwerte seien unschädlich, wenn dafür gesorgt werde, dass der Mittelwert der Strahlung den Grenzwert nicht überschreite. Doch diese Ansicht hat sich durch die Forschung und durch die umweltmedizinische Praxiserfahrung längst als falsch herausgestellt. Der menschliche Organismus reagiert nicht nur auf die im Körper akkumulierte Strahlungsenergie, die ihn bei sehr starker Strahlung fühlbar erwärmen würde. Er reagiert auch auf die schwächere Strahlung, mit der wir im Alltag belastet werden. Wiederholte kurzzeitige Spitzenwerte sogar unterhalb des Grenzwertes können der Gesundheit ebenfalls schaden. Und nun sollen solche Spitzenwerte den Grenzwert obendrein um das maximal 3,2-fache übersteigen dürfen.
Einen „Schutz vor nichtionisierender Strahlung“ verspricht der Bundesrat im Titel der von ihm erneut geänderten NIS-Verordnung. Doch diesen Schutz bekommt die Schweizer Bevölkerung nach der Änderung noch weniger als vorher. Sie wird den nötigen Schutz erst dann haben, wenn eine massive Verminderung der heute allgegenwärtigen Funkstrahlung erreicht ist. Das ist es, was die SaferPhone-Volksinitiative anstrebt.
Lesen Sie hierzu die Medienmitteilung: Adaptive Antennen: Der Bundesrat schafft Klarheit und erhöht die Rechtssicherheit (admin.ch)